Die Nächte sind immer noch merklich kühl. Das Quecksilber des Thermometers schafft es kaum, in den zweistelligen Bereich zu springen. Nasskalt, frischer Ostwind, ein bedeckter Himmel und Nieselregen – Frühlingsgefühle kommen da nicht auf. Zum Sonnenaufgang bereite ich mir eine Tasse Tee zu. Der Wasserkessel dampft und versperrt mir die Sicht auf die morgendliche Kulisse an meinem Waldsee.
Während die Natur erwacht und es allmählich heller wird, die Enten und Gänse ein Konzert von sich geben und die Schwäne mit imposanten Flügelschlägen durch die Lüfte gleiten, wird die Idylle durch einen schrillen Ton meines Bissanzeigers unterbrochen. Hastig springe ich auf und laufe zu meinen Ruten. Die rechte Rute ist es, die nun unter Feuer steht. Ich spüre energische Gegenwehr meines Gegenübers, merke jedoch, dass es sich vermutlich um einen eher kleineren Fisch handelt. Konzentriert drille ich weiter – der Kampf ist aber eher weniger spektakulär. Doch dann wird es spannend – als ich den Fisch das erste Mal richtig an der Oberfläche sehe, fangen meine Knie an zu zittern. Nein, es ist kein Schuppenkarpfen, wie ich es noch kurz zuvor meinte, aus dem Augenwinkel gesehen zu haben. Es ist eine Perle von Fisch, ein perfekt beschuppter Spiegler von unglaublicher Schönheit. Als der Flossenträger über die Maschen meines Keschers gleitet, fällt die Anspannung ab und ich kann kaum glauben, was ich da gerade gefangen habe.
Das ist es, wofür ich angeln gehe. Welch eine außergewöhnliche Kreatur, unglaublich. Gewicht? In diesem Fall definitiv Zweitranging!
Gebissen hat dieser Fisch übrigens auf einen Lemon Wafter. Um den Hakenköder herum habe ich mit dem Wurfrohr nur wenige Zcopex ZymActive Boilies verteilt. Im Frühjahr definitiv eine Waffe!
Marvin Glinka