Freedom is never given; it is earned.
Freiheit bedeutet für jeden etwas anderes. Für mich ist Freiheit, ein Gefühl von Unabhängigkeit und Stille, so wie ich es nur am Wasser erlebe. Ich liebe diese endlosen Weiten der großen Naturseen, und noch mehr liebe ich, diese mit dem Boot zu befischen. Dieses Gefühl, wenn du dich umsiehst und vor dir nur Wasser erblickst, ist für mich mit Nichts zu vergleichen!
Aber nicht nur die Kulisse beeindruckt mich daran, vom Boot aus zu fischen. Auch, dass ich flexibel bin und auf die jeweilige Situation schnell reagieren kann, verstärkt dieses Gefühl der Freiheit und Unabhängigkeit.
In meinem Umfeld bekomme ich oft die Frage gestellt, wie man darauf kommt, mit dem Boot und damit auf derart kleinem Raum ein oder zwei Wochen unterwegs zu sein und auf – vermeintlich – jeglichen Komfort zu verzichten.
Um diese Frage beantworten zu können, muss ich etwas in die Vergangenheit zurückblicken. In einer unserer unzähligen Angelsessions überlegten Thomas Roll und ich, wie wir unserer Leidenschaft des Karpfenangelns wieder einige neue Reize geben könnten, beziehungsweise wie wir uns auch selbst wieder weiterentwickeln könnten.
Schnell sind wir zu dem Entschluss gekommen, in Zukunft nicht mehr nur vom Land aus zu fischen, sondern ab nun auch direkt vom Wasser aus. Und zwar dauerhaft. Wir waren uns sofort einig, dass wir ein Boot benötigen würden, von dem aus wir über mehrere Tage hinweg die großen Naturseen befischen können. Fox hatte zu dieser Zeit gerade das neue FX420 Boot auf den Markt gebracht. Das kam uns mehr als gelegen und ich überlegte nicht lange und bestellte mir alles, was ich für dieses neue Vorhaben brauchte.
Bereits nach der ersten Session mit Boot wusste ich, das ist für mich eine mehr als besondere Art des Fischens. Ich verspürte dieses unglaubliche Gefühl von Freiheit, das alle suchen, aber nicht jeder findet. Ich habe es definitiv hier gefunden und deshalb kann die Zeit am Wasser gar nicht lange genug sein für mich. Und mit der richtigen Ausrüstung und Begleitung muss man auch auf Komfort nicht verzichten:
Das Jahr 2020 war für uns alle nicht planbar und deswegen beschlossen Thomas und ich heuer nicht nach Frankreich zu fahren, sondern im schönen Österreich eine Boots-Session zu machen.
Wir zogen einige Gewässer in Betracht und wogen die Pro & Kontras jedes Gewässers, das zur Auswahl stand, ab. Nach langem hin und her entschlossen wir uns für einen knapp 700 ha großen See, der mitten in den Alpen liegt. Die Gewässerwahl stand fest und somit konnte es an die Vorbereitungen gehen. Vor allem musste fleißig vorgefüttert werden, damit wir auch die Fische in unserem Bereich des Sees hatten, was aufgrund der Größe des Gewässers ein nicht allzu leichtes Vorhaben war.
Ich entschloss mich zwei Bereiche des Gewässers zu füttern: den flacheren Bereich des Sees und einen zentralen Bereich mit sehr steil abfallenden Uferkanten und tieferen Wasserregionen. Durch die Befütterung derart unterschiedlicher Spots konnten wir optimal auf das Wetter reagieren und zu jeder Zeit eine Ausweichstelle anfahren.
Thomas rollte dafür extra frische BCX & CIRIC MILK Boilies in diversen Größen ab und ich machte mich daran, einen Plan zu entwickeln, wie oft und in welcher Regelmäßigkeit ich diese verfüttere.
Ich entschloss mich, vier Wochen bevor wir unsere Session geplant hatten, mit dem Füttern loszulegen. Zusätzlich nutzte ich in der ersten Woche einen kompletten Tag, um Location zu betreiben. Dies ist bei diesem Gewässer nicht so einfach, weil das Echolot verboten ist.
Um trotzdem eine Ahnung von den tiefen Regionen zu bekommen, suchte ich mir im Internet eine Tiefenkarte vom See. Somit wusste ich zumindest einmal, in welchen Bereichen es tiefer, beziehungsweise flacher ist. Auf meiner Lotrute markierte ich mir alle 1,5 Meter meine Schnur mit einer anderen Farbe, so konnte ich die Bodenstruktur und zugleich die genaue Tiefe bestimmen. Anschließend wurden die Spots im Hand-GPS gespeichert, damit ich die Plätze auch erneut finden konnte.
Die zwei Bereiche, für die wir uns entschlossen haben, wurden zunächst mit kleinen Boilies und Teig gefüttert. In der zweiten Woche wurden die Bereiche zweimal mit ebenfalls kleineren Boilies von 10-16 mm und in der dritten Woche dreimal mit einer Ködergröße von 16-20mm befüttert. In der vierten und letzten Woche wurde die Ködergröße auf 24mm erhöht und die Bereiche wieder zweimal gefüttert. Ich nahm den fast eineinhalbstündigen Weg achtmal in Kauf, um die Plätze bestmöglich vorzubereiten und mit einem guten Gefühl in die Session starten zu können.
An dieser Stelle auch einen großen Dank an Max G., der mich dabei tatkräftig unterstützte.
Futtertaktik:
Zum Vorfüttern und um die Spots aufzubauen, wurden die Bereiche zuerst mit kleinen BCX Food Concept & Ciric Milk Boilies von 10-16 mm und viel Boilieteig gefüttert. Je näher die Angelsession herankam, desto größer wurden die Boilies (bis 24 mm) und die Futtermenge kleiner. Das Futter verstreute ich auf einige Quadratmeter. Der Plan dahinter war, die Fische länger in den Bereichen zu halten und somit mehrere Karpfen fangen zu können.
Um die Spots zu aktivieren, mischte ich einen Ciric Milk Spod Mix an. Verfeinert wurde der Mix mit Seidenraupen, reichlich BCX Food Concept Liquid & White Ball Liquid und 24mm BCX & Ciric Milk Boilies.
Sehr wichtig war uns dabei, schnell Attraktivität auf die gesamte Wassersäule zu bekommen. deswegen beschloss ich mich auf ein wasserlösliches Grundfutter.
Um 07:00 Uhr morgens bin ich im Dauerregen am See angekommen. Nach kurzem Warten nutzte ich die rund 30-minütige Regenpause und baute meine zwei Boote mit dem Zelt und meinem Tackle auf. Auf die Sekunde genau war alles trocken im Zelt verstaut, ehe es wieder zu regnen begann.
Thomas hatte noch einen geschäftlichen Termin mit Carpzilla, was seine Ankunft um einen Tag verzögerte.
Aufgrund eines heftigen Temperatursturzes entschloss ich mich zentral im See an einem tieferen Bereich zu beginnen und dort einmal mein Glück zu versuchen. Dazu musste ich erstmal 45 Minuten mit dem Boot in Richtung Mitte des Sees. Trotz Dauerregen hat sich der Hinweg aufgrund der steigenden Vorfreude wie Sekunden angefühlt. Durchnässt, aber höchst motiviert, ankerte ich schließlich mein Boot und richtete mich gemütlich ein.
Durch mein Hand-GPS legte ich mühelos meine Ruten auf drei verschiedene Spots ab. Ich fächerte meine drei Ruten von der Uferregion angefangen bei 8, 15 und 20 Meter auf. Aufgrund der monotonen Struktur suchte ich mir bei der Spotwahl Übergänge der Bodenbeschaffenheit – weicher Schlamm auf härterem Untergrund oder sandigen Untergrund auf schlammigem Boden. Mit der Unterwasserkamera fand ich Bereiche mit Muscheln.
Tipp: Unterwasserkamera
Für mich hat eine Unterwasserkamera zwei wesentliche Vorteile: ich sehe mir interessante Stellen genauer an und kann damit die zu befischende Unterwasserwelt besser kennenlernen. Weiters nutze ich die Unterwasserkamera gerne, um nachzusehen, ob das Futter, das ich an markanten Stellen exakt platziere, auch angenommen wurde. Deswegen verwende ich beim ersten Füttern gerne ein paar pinke und weiße Boilies. Diese sind dann leichter mit der Kamera zu sehen. Genau diese Muschelbereiche ziehen die Karpfen von Natur aus an. Diese Bereiche sind für mich die richtigen, um meine Montagen abzulegen.
Tipp: AMBIO
Meine Hakenköder werden noch kurz in dem AMBIO – Biological Feeding Trigger eingelegt. Verwendet dieses AMBIO auch für eure PVA, dies hat mir schon einige Bonus-Fische gebracht.
Ich fischte also zunächst auf einer sehr steil abfallenden Kante mit äußerst schroffen Felsen. Hier war mir wichtig ein stabiles Setup zu verwenden. Als Hauptschnur fischte ich eine Exocet Mono Trans Khaki in 20lbs mit 50 Meter Snag Leader in 40lbs vorgeschaltet. Auf diese Kombi kann ich mich verlassen und sie ist trotzdem angenehm weich im Drill. Wenn ich mit dem Boot ablegen kann, mache ich es mir sehr einfach. Hier verwende ich eine Inline-Montage mit einem zwei Meter langen Submerge Camo in 30lbs. Ich verwendete ein German Rig gebunden mit Illusion Trans Khaki in 0.40mm und einem Curve Medium in der Größe 5. Nach dem Ablegen der Montage senkte ich 10 Meter entfernt noch meine Hauptschnur mit den Back Leads mit 43 Gramm ab.
Für die Bootssession verwendete ich die Horizon X in 10ft in 3,5lbs. Ich hatte mir die Explorer Ruten leider zu spät bestellt und somit musste ich bei dieser Session noch mit meinen alten Ruten fischen. Die 10ft Ruten von Fox sind perfekt für die Handhabung am Boot geeignet, egal ob beim genauen Ablegen oder im Drill sind die kurzen Ruten einfach flexibel. Mir ist sehr wichtig, genügend Rückhalt im Drill zu haben, deswegen verwende ich hier die 3,5lbs Ruten.
Ich telefonierte noch mit meiner Freundin, als sich plötzlich mein Bissanzeiger mit einem Dauerton meldete. Mehr als überrascht nahm ich die Rute auf und bin dem Fisch mit dem Beiboot hinterher.
Tipp: Bissanzeiger
Der RX+ ist für mich der beste Bissanzeiger am Markt. Egal ob ich die Sensibilität bei starkem Wellengang runterdrehen muss oder die Sensibilität verstärke, wenn ich vor Hindernissen fische, die vielfältigen Einsatzmöglichkeit des RX+ sind genial.
Nach kurzem Drill konnte ich einen kleinen Schuppi über den Kescherrand ziehen. Der Spot mit 20 Metern brachte mir den ersten Fisch der Session. Und nach zehn Stunden weitere drei kleine Karpfen, wieder am selben Spot. Am nächsten Morgen entschloss ich mich, das Futter auf diesem Platz umzustellen und nur mehr 24mm Boilies zu füttern. Am zweiten Abend brachte mir der mittlere Platz auf 15 Meter den nächsten Fisch und in der darauffolgenden Nacht konnte ich insgesamt 3 weitere Fische – einen auf 15 Meter und zwei auf dem acht Meter Spot – fangen. Was mich wunderte war, dass der Platz auf 20 Meter keinen weiteren Fisch brachte. Ich machte mir Gedanken, ob es mit der Zugrute der Fische zu tun hat oder mit der Auswirkung auf das eingebrachte Futter. Ich zerbrach mir einige Zeit darüber den Kopf und beschloss, auch auf den anderen Plätzen das Futter umzustellen, in der Hoffnung auf die etwas größeren Fische des Gewässers zu treffen.
In der nachfolgenden dritten Nacht blieben meine RX+ still. Erst im Morgengrau lief die Rute auf 20 Meter ab. Im Drill spürte ich bereits, dass der Fisch etwas größer sein musste. Immer wieder spulte der Karpfen einige Meter Schur ab und flüchtete in die Tiefen des Sees. Als ich den Schuppenkarpfen letztlich kescherte, wusste ich sofort, dass dies einer der besonderen Fische des Sees sein musste.
Ich bin keiner der sich ausschließlich am Gewicht der Fische erfreut; viel mehr bedeutet mir die Geschichte, die hinter dem Fang steckt. Meine Erwartungen dieser Session waren damit völlig übertroffen.
Thomas machte mir schöne Erinnerungsfotos und wir freuten uns gemeinsam über diesen Fisch und hofften zugleich, dass dies nicht der Letzte war. Das Wetter schlug kurz darauf aber leider drastisch um und eine Kaltfront brach auf die Region herein. Die Temperaturen gingen um 15 Grad zurück und Dauerregen stelle sich ein.
Wir versuchten noch unser Glück mit wasserlöslichem Futter und kleinen Ciric Milk Pellets, aber leider half auch dies nichts, um weitere Fische zu fangen. Die Fische machten ihre Mäuler zu.
Nach zwei Tagen im Dauerregen und durchnässter Bekleidung packten wir gemütlich zusammen und beschlossen nachhause zu fahren.
Es war eine sehr entspannte Zeit am Wasser mit vielen Erkenntnissen über das Verhalten der Fische auf Wetter- und Temperaturschwankungen.
Ich hoffe, ich konnte euch damit einen interessanten Einblick über das Bootsfischen geben und dass es sich lohnt, immer wieder etwas Neues zu versuchen!
Habt weiterhin eine schöne Zeit am Wasser.
Liebe Grüße,
Thomas & Franz
Franz mit Schuppenkarpfen Thomas mit Karpfen